«Gestatten, Patronatskomiteemitglied»
Ist Ihnen auch schon aufgefallen, dass immer öfter Patronatskomitees gebildet werden? Fast für jedes Anliegen, das umgesetzt und auch finanziert werden will, wird ein solches Gremium zusammengestellt, oftmals mit mehr oder weniger schillernden Namen. Lassen Sie mich hier mal schürfen.
Sind auch Sie Patronatskomiteemitglied? Dann sollten Sie keinesfalls die Wirkung Ihres Namens überschätzen, z. B. dessen Wirkung auf Förderstiftungen, die Ihren Namen im Fördergesuch des Projekts lesen, für das Sie Patron oder Patronne sein möchten. Auch Ihr allfälliger Promi-Status wird die Gesuchbearbeiterin in einer Stiftung mitnichten beeindrucken: Davon unbeeinflusst wird sie die Projekteingabe auf Herz und Nieren zu prüfen.
Unterschätzen Sie auf der anderen Seite nicht die Verpflichtungen und das Reputationsrisiko, das Sie als Patronatskomiteemitglied eingehen. In einem Patronatskomitee wirken Sie nur dann glaubwürdig (und sind Sie nur dann wirkungsvoll) wenn Sie sich engagiert in die Komiteearbeit einbringen und wenn Sie tatsächlich willens sind, Ihr Netzwerk «anzuzapfen». Selbstverständlich erwartet man von Ihnen, dass Sie Ihre Kanäle zu Stiftungen, Sponsoren und Politik aktivieren. Sie haben innerhalb Ihres Bekanntenkreises beherzt auf jene Personen zuzugehen, die finanziell in der Lage sein könnten, das Anliegen des Projekts, für das Sie einstehen wollen, finanziell zu unterstützen. Jene Politiker, die aufgrund von Zielkonflikten hier gar nicht aktiv werden können oder wollen, sind in Patronatskomitees somit fehl am Platz. Dasselbe gilt für Personen, die bloss ihr Porträtföteli im Prospekt sehen wollen, der für das Projekt wirbt. Bringen wir es auf den Punkt: In einem Patronatskomitee zielführend mitzumachen, heisst Klinkenputzen – alles andere ist Augenwischerei!
Eine mittelsuchende Organisation, die für ihr Projekt (ein Bauvorhaben, ein Bildungsanliegen, eine Kulturinitiative etc.) ein Patronatskomitee auf die Beine gestellt hat, ist gut beraten, dessen Mitglieder nicht bloss in Hochglanzprospekten zu versammeln. Zwecks Weiterbildung in Projektzusammenhang soll ein Patronatskomitee zu Informationsveranstaltungen eingeladen werden. Komiteemitglieder, die das Anliegen, wofür sie Fundraising betreiben sollen, nicht gut kennen, wirken unglaubwürdig und dürften bei ihren Bemühungen auch nicht besonders erfolgreich sein.
Als Patronatskomiteemitglied werden Sie bestimmt auch Ihre persönliche Lernkurve absolvieren. Zum Beispiel dann, wenn Sie mit Listen potentieller Grossspender konfrontiert werden, aus denen Ihnen dann die Namen jener vermögenden Personen zugeteilt werden, die sie individuell ansprechen sollten. Auch wenn es eher selten geschieht: Derartige Namenslisten können mittelsuchende Organisationen bei spezialisierten Anbietern kaufen (oder auch bloss «mieten») und sich auch nach ihren Vorstellungen und Bedürfnissen zusammenstellen lassen. Konkrete Suchkriterien für solche Grossspenderlisten könnten dann zum Beispiel sein: «Personen mit mindestens 20 Millionen Franken Vermögen und Wohnsitz in der Nordwestschweiz». Diese Multimillionärsliste ackern Sie dann mit dem Fundraising-Beauftragten Ihres Patronatsprojekts durch. Dabei runzeln Sie die Stirn ob der Unvollständigkeit dieser Liste. Sie staunen ob der etlichen Verstorbenen, die darin immer noch figurieren. Sie ärgern sich über die schlechten Geographiekenntnisse der Verkäufer dieser sündhaft teuren Namensliste, welche die Nordwestschweiz bis weit ins Mittelland hineinragen lässt.
Bei guter Laune mögen Sie dies ja alles spassig finden. Ihr Verständnis hört aber spätestens dann auf, wenn man Ihnen – zuhanden des erwähnten Hochglanzprospekts – «Testimonials» im weichgespülten PR-Sprech in den Mund legen will. Dies weil man Ihnen offenbar nicht zutraut, selber einen sinnfälligen graden Satz über Ihr Engagement für das betreffende Projekt formulieren zu können.
Immerhin hat man Sie (noch) nicht gefragt, ob Sie sich denn nicht auch vorstellen könnten, selber einen substantiellen Betrag an das Vorhaben zu zahlen, für das Sie Mit-Patron sind.